Parsifal im Bayreuther Festspielhaus grundsätzlich etwas Besonderes. Schließlich wurde das Werk eigens für dieses Haus als „Bühnenweihefestspiel“ von Richard Wagner komponiert. Semyon Bychkov am Pult des Bayreuther Festspielorchesters und ein außerordentlich hochwertiges Sängerensemble sorgen für ein regelrechtes Musikweihefestspiel, das keinerlei Wünsche offen lässt. (Das Beitragsbild oben zeigt die Schlussszene von Parsifal; © Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele)
Gewänder zweitrangig
Quasi mit dem ersten Akt wird man in den Bann dieser Musik gezogen. Nicht kitschig, aber weihevoll und fein abgestimmt klingt das Vorspiel aus dem verdeckten Graben, man möchte dahinschmelzen vor der Schönheit dieser Musik.
Dann ist es auch ziemlich gleichgültig, ob ein Gurnemanz in eine olle Kutte oder ein güldenes Gewand gehüllt ist, Hauptsache er singt mindestens auf dem Niveau wie Günther Groissböck, ohne sportliche Kraft, sondern herrschaftlich geschmeidig. Ein peppigeres Gewand ist Kundry vergönnt, wenngleich erst im zweiten Akt – auch das ist egal, Elena Pankratova zeigt sich als wirkliche Größe der Bayreuther Festspiele. Wie am Abend zuvor als Ortrud zeigt sie eine Stimme, die all ihren hohen Ansprüchen gerecht werden. Wunderbar.
Andreas Schagers Parsifal ist fordernd, von naiv bis kraftvoll, um am Ende wissend zu siegen. Den Leidenden verkörpert im wahrsten Sinne des Wortes in diesem Jahr wieder Ryan McKinny als Amfortas. Wer genau hinschauen kann, leidet nachgerade mit, so echt wirken die Wunden. Hier haben auch die Maskenbildner der Bayreuther Festspiele ganze Arbeit geleistet.
Chor krönt die Vorstellung
Bestens besetzt sind zudem die Rollen für einen Akt: Derek Welton als Fetisch liebender Klingsor und Wilhelm Schwinghammer als egoistischer Titurel.
Der musikalischen Weihe setzen die Chöre auf und hinter der Bühne die Krone auf, wenngleich die Hintergrundstimmen zur Gralsmusik im ersten Akt etwas zu sehr im Off hängenbleiben. Ein Minimakel an einer durchwegs großartigen Leistung.
Die Religions-Kritik, die Regisseur Uwe Eric Laufenberg in den Bayreuther Parsifal gepackt hat, spielt bei diesem musikalischen Hochgenuss dann eher die untergeordnete Rolle. Man kann sich Gedanken machen darüber, dass religiöse Symbolik – ob die katholische bei den Gralsrittern oder der muslimische Gegenentwurf in Klingsors Welt – völlig überflüssig ist und gut in Titurels Sarg versenkt wird. Oder man genießt einfach die Musik.
Riesenapplaus am Ende, bei den Hauptsolisten Pankratova, Schager, Groissböck – und vor allem bei Semyon Bychkov, der erst 2018 sein Debüt in Bayreuth gegeben hat und sich bereits unüberhörbar wohl im berühmten Graben des Bayreuther Festspielhauses fühlt, fast schon wie zu Hause.