Geht doch. Ein dirigentisches Debüt bei den Bayreuther Festspielen kann auf Anhieb gelingen – vorausgesetzt, man bringt die entsprechende Berufserfahrung mit. So wie Semyon Bychkov, der bei Parsifal (II, 1. August 2018) den Saal noch mehr zum Kochen brachte, als es das ohnehin durch die Temperaturen der Fall war.
Neben der Musik im Festspielhaus, ist die Hitzeschlacht das zweite große Thema dieser Tage. „Ich freu mich, wenn es regnet, weil wenn ich mich nicht freue, regnet es auch“, sagte Karl Valentin so passend. In diesem Sinne bleiben Sitze im Festspielhaus selten unbesetzt. Und die Zahl der sichtbaren Schwächeanfälle hält sich in Grenzen.
So wurde bei „Parsifal“ (II) eine echte Sause am Ende gefeiert. Das Publikum stand und applaudierte begeistert vor allem dem wundervollen Festspielorchester, das Dirigent Bychkov auf die Bühne mitbrachte. Spätestens da gab es kein Halten mehr auf den Sitzen. Die Musiker unter der Leitung des Bayreuth-Neulings hatten das Bühnenweihfestspiel höchst würdig zelebriert.
Fledermaus „Cosima“ flatterte durch den dritten Akt. Ein gutes Zeichen. Vor allem für das singende Personal, das ebenfalls gefeiert wurde – und ebenfalls zurecht. Wenngleich man Georg Zeppenfeld in der Partie des Gurnemanz liebte und nicht so ganz verstand, warum er ausgewechselt wurde, kann man dennoch Günther Groissböcks geschmeidigem Bass nicht widerstehen. Elena Pankratova ist eine Wucht als Kundry, singt die Hammerpartie trotz der Hitze makellos, wenngleich ihre Demut im Spiel im dritten Akt anrührender wirkt als die Verführung im zweiten. Andreas Schager fegt stürmisch als Titelheld durchs Stück, Thomas J. Mayer überzeugt als leidender Amfortas; Tobias Kehrer wurde am Vortag als Hunding (Walküre) gefeiert, jetzt zurecht nach seinem Auftritt als bockig fordernder Titurel. Und Derek Welton überzeugt voll und ganz als zorniger als Klingsor.
Die Regie von Uwe Eric Laufenberg hat in diesem Jahr dem Werkstattgedanken getreu am Konzept ein bisschen gefeilt, vor allem bei den Kostümen. Kundry bekam im zweiten Akt ein neues verführerisches Gewand.
Unverändert bleibt das Blutbad im ersten Akt. Amfortas selbst ist der Gral, wird zur Ader gelassen und bricht entkräftet zusammen (Beitragsbild: © Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele)
Im dritten Akt geht es noch freundlicher zu als schon in den beiden Vorjahren. Jetzt werden ein paar Frauen des Kopftuchs befreit. Und sind glücklich. Vier junge Nackte – ganz gendergerecht jetzt auch mit Mann – tanzen im Dschungel-Regen. Und sind glücklich. Die junge Familie ist glücklich, Kundy ist glücklich. Der junge Schwarze ist genauso glücklich wir die Asiatin. Kippa-tragende Männer umarmen Mönche und so weiter. Message verstanden: seid lieb zueinander. Na klar. Warum auch nicht?