Die Prominenz ist bei der Eröffnung der Bayreuther Festspiele ausnahmsweise überschaubar. Man freut sich über Michaela May oder Fürstin Gloria. Es geht insgesamt sehr viel ruhiger zu als in früheren Jahren. Denn nach den Attacken von München und Ansbach wurde kein roter Teppich heute ausgerollt, gab es nur Begrüßungen am Seiteneingang, wo man auch Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe sah.
Aus Steuergeldern bezahlt
Die Dame, die jeden Passanten fragte, „haben Sie nicht noch eine Karte übrig?“, wäre bei der Oberbürgermeisterin richtig gewesen. Denn die Stadt Bayreuth hatte noch Karten. Etwa 60 Stück, beste Plätze. Nach den Absagen von Ministerpräsident Horst Seehofer und dem gesamten Kabinett hatten natürlich Wartende die Hoffnung, nun im freien Verkauf noch an ein begehrtes Ticket zu kommen.
Es passierte: Nichts. Die Plätze der bayerischen Politprominenz blieben leer. Die Karten, immerhin aus Steuergeldern gekauft, gingen nicht in den Verkauf, die Stadt wollte sie nicht abgeben.
Bei allem Respekt vor den Opfern, doch verständlich ist das nicht. Denn der Andrang war groß. „Es gab noch eine Warteliste mit rund 200 Namen“, erklärt Peter Emmerich, Pressesprecher der Bayreuther Festspiele auf festspieleblog.de-Nachfrage. Die Geschäftsführung der Festspiele habe heute (25. Juli) Mittag noch mit dem Protokollchef der Stadt gesprochen und angeboten, die Karten zu verkaufen. Es wäre immerhin eine fünfstellige Summe für die Stadt gewesen. Doch die Stadt lehnte das Angebot ab, „ein Grund wurde nicht genannt“, sagt Emmerich.
Zum Hintergrund: Die Stadt kauft von den Festspielen rund 200 Premierenkarten zum herkömmlichen Preis, um ihrerseits Gäste einzuladen. Nach den Absagen der bayerischen Politiker, die an einem Trauerakt für die Opfer von München teilnehmen, singt Klaus Florian Vogt seinen Parsifal nicht vor komplett vollem Haus, weil die freien Karten nicht weitergegeben wurden. Warum? „Man kann das als Zeichen des Respekts sehen“, heißt es bei der Stadt allerdings inoffiziell. Eine offizielle Stellungnahme sei aber heute nicht mehr zu bekommen.
In der Warteschlange am Kartenbüro herrschte allerdings die Hoffnung, doch noch kurzfristig die begehrte Premiere besuchen zu können. Doch sie mussten abgewiesen werden. „Die Karten gehören der Stadt, sie hat sie erworben und bezahlt, wir können nicht darüber verfügen“, bedauert Pressesprecher Emmerich gegenüber festspieleblog.de, dass tatsächlich nichts mehr in den Verkauf kam.
Auf fünfstellige Summe verzichtet
Es handelte sich natürlich nicht um günstige Galeriekarten, sondern um beste Plätze, vorwiegend in der Mittelloge bzw. im Parkett. Kosten pro Karte: zwischen 200 und 300 Euro. Hoch gerechnet hat die Stadt Bayreuth damit auf eine Einnahme von weit über 10 000 Euro verzichtet. Ein teures Zeichen des Respekts. Und man hätte immerhin noch 60 Menschen glücklich gemacht, die so gerne diesen Parsifal erlebt hätte, dessen erster Akt gerade zu Ende geht.
Rund um das Festspielhaus hat man für diese Entscheidung kaum Verständnis. Schließlich sind freie Plätze kein Zeichen des Respekts. In dieser Konsequenz müssten ja alle 1972 Sitze frei bleiben.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Strafanzeige wegen vorsätzlicher Steuerverschwendung wäre angebracht.
Aber die Politik hat auch in Bayreuth Narrenfreiheit. Aber wehe jemand gibt einen H4-Bescheid auch nur 1 Tag zu spät ab, dann gibt es die geballte Keule der gepuderten Obrigkeit um die Ohren.#
Böse Zungen behaupten übrigens, die Prominenz hat abgewunken, weil es kein Sicherheitskonzept gab. Würde gut zu diesem Theaterstadl passen.
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