Klaus Florian Vogt nach der letzten Vorstellung. © Katja Schmitt

Bewegender Lohengrin-Abschied

Klaus Florian Vogt nach der letzten Vorstellung. © Katja Schmitt

Der Jubel haut auch den Profi um: Klaus Florian Vogt macht am Ende einen bewegten Kniefall vor dem Publikum. (Foto: Katja Schmitt)


Eine „Zugabe“ in der Oper — das erlebt man wohl auch nur bei den Bayreuther Festspielen. Nach der letzten Lohengrin-Aufführung am Donnerstag, stimmte der Chor hinter dem verschlossenen Vorhang den „Wacht auf!“-Ruf aus den „Meistersingern von Nürnberg“ an. Pech für all die Eiligen, die nach dem Schluss gar nicht schnell genug ins Freie stürmen können, um dem Stau am Festspielhaus zu entgehen. Während sie die Parkplatzfrage als essenziell sehen, schwelgen die Dagebliebenen in dieser unerwarteten Darbietung, die Eva Wagner-Pasquier galt. Noch eine Überraschung: Auch Regisseur Hans Neuenfels war da.

Rattenkopf gestohlen

Es gibt ganz offensichtlich Wagner-Freunde, die sich zwar Karten für „Lohengrin“ organisieren, aber allen Ernstes von dieser Produktion  überrascht sind. Die Herrschaften in der Vorderreihe schütteln jedenfalls empört den Kopf, als sie der Ratten angesichtig werden. Dabei sind die  Kostüme freilich längst Kult, was sich auch darin zeigt, dass schon nach dem ersten Akt ein Rattenkopf fehlt. Trophäenjäger. Unterm Strich ist’s leider Diebstahl.

Die  hübschen und wirklich aufwendigen Rattenkostüme würden sich sicher gut verkaufen lassen. Geht aber aus rechtlichen Gründen nicht, weshalb sie vorerst in den Fundus kommen. Nichts desto trotz wird man gespannt darauf sein dürfen, wann im Bayreuther Fasching die ersten Ratten-Kostüme auftauchen…

Große Emotionen

Der letzte Lohengrin in Bayreuth: So etwas geht auch an den Profis auf der Bühne nicht ungerührt vorüber, wie Klaus Florian Vogt am Ende bewegt zugibt. Sehr emotional sei es gewesen.

Es war ein wirkliches Ereignis — die letzte Liebesszene im Schlafgemach, die mit der verhängnisvollen Frage endet; der wunderbare Streit der beiden „Schwäne“ Annette Dasch und Petra Lang. Es waren viele Momente, an denen man sich glücklich schätzte, eine Karte für diese Vorstellung ergattert zu haben. Die ganze Produktion hat sich perfekt eingespielt.

Auch der Bayreuth-Neuling Alain Altinoglu im Graben hat sich hörbar bestens arrangiert mit den akustischen Besonderheiten im Festspielhaus und ließ den Sängern genügend Freiraum für ihre großen Emotionen an diesem letzten Lohengrin-Abend.

Lohengrin-Regisseur Hans Neuenfels, Reinhard von der Thannen, Bühne und Kostüme, Regieassistenten Nelly Danker und Wolfgang Nägele. © R. Ehm-Klier/festspieleblog.de
Ein letztes Mal auf der Bühne: Das Lohengrin-Regieteam mit Regisseur Hans Neuenfels, Reinhard von der Thannen, verantwortlich für Bühne und Kostüme, und die Regieassistenten Nelly Danker und Wolfgang Nägele. © R. Ehm-Klier/festspieleblog.de

Nächste Überraschung: Altmeister Hans Neuenfels, der eigentlich seit Jahren nicht oder kaum noch in Bayreuth zu sehen war, sondern die Produktion in guten Händen seiner Assistenten Wolfgang Nägele und Nelly Danker wusste, tritt noch einmal vor den Vorgang, um sich zusammen mit Reinhard von der Thannen, verantwortlich für Bühne und Kostüm, sowie eben seinen Assistenten anständig zu verabschieden. Und wieder gibt es Buhs. Allerdings: Das  Bravo-Gewitter wird gleich deutlich lauter.

Dass das Publikum aus dem Häuschen sein wird, wenn die Sänger vor den Vorhang treten, das war zu erwarten. Und so kam es auch. Angefangen von Samuel Youn (Heerrufer) über Wilhelm Schwinghammer als König Heinrich, und Jukka Rasilainen, den Telramund der ersten und der letzten Saison, natürlich den großartigen Chor unter Eberhard Friedrich; Annette Dasch, die sich nach einem Jahr Babypause als Elsa noch weiter gesteigert hatte; Petra Lang, die ein letztes Mal als tolle Unsympathin Ortrud auftrat und nächstes Jahr die Partie der Isolde übernimmt. Und schließlich Klaus Florian Vogt, der Lohengrin, der Held dieser Inszenierung. Gerührt nimmt er die Ovationen entgegen und macht schließlich einen großen Kniefall vor diesem Publikum.

Stimmung wie im Stadion

Der Jubel will kein Ende nehmen. Es ist eine Stimmung wie im Fußballstadion. Irgendjemand schlägt rhythmisch gegen die Balustrade — was sich wie eine Pauke anhört — und alles klatscht mit. Weit über eine viertel Stunde wird Abschied gefeiert und das hört auch nicht auf, als die Lichter im Saal schon angehen.

Ständchen für Eva Wagner-Pasquier

Dann sieht es so aus, als sei’s nun wirklich vorbei. Während man sich von den Reihen hinüber zu den Ausgangstüren bewegt, wird klar, warum auf der Bühne plötzlich ein Klavier stand. Es wird noch gesungen hinter geschlossenem Vorhang. Plötzlich ist es wieder mucksmäuschenstill im Saal und alle hören gebannt dieser wundervollen „Zugabe“ des Chors — der Wacht-auf-Ruf aus den Meistersingern von Nürnberg.

Dieses Abschiedsständchen hätten sich viele verdient: Die Produktion, die nach fünf erfolgreichen Jahren (eines mehr als geplant) nun endgültig vom Spielplan genommen wird, das Lohengrin-Team als Zeichen harmonischer Zusammenarbeit.

Tatsächlich galt dieser Auftritt Eva Wagner-Pasquier. Die Festspiel-Chefin, die zum 31. August aus der Festspielleitung ausscheidet, hatte an diesem vorletzten Spieltag in kleinster Runde zum Abschied geladen. Am Abend nun bereitete ihr der Chor diese Überraschung und beglückte gleichzeitig das Publikum draußen.

2016 kein Abschied

Letztes Jahr fiel der Abschied vom „Tannhäuser“ weitaus verhaltener aus, was auch daran liegen könnte, dass das Stück am letzten Festspieltag gegeben wurde und Musiker, Chor und Sänger es eilig hatten, nach Hause zu kommen. Diesmal wurde weitaus länger und gemütlicher in der Kantine das Ende der Produktion und eigentlich auch der Festspiele 2015, die am 28. August mit „Holländer VI“ enden, gefeiert.

Nächstes Jahr gibt es übrigens keinen Abschied. „Der fliegende Holländer“ macht 2017 nur eine Pause und steht 2018, einem Ring-freien Jahr, wieder auf dem Spielplan der Bayreuther Festspiele.

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