Heike Maria Preuß liebt Wagner - darum erfüllte sich für die Berlinerin auch ein Traum, als sie als Souffleuse in Bayreuth engagiert wurde. (Foto: ek)

Heike Maria Preuß: Stütze bei Text und Takt

Heike Maria Preuß liebt Wagner - darum erfüllte sich für die Berlinerin auch ein Traum, als sie als Souffleuse in Bayreuth engagiert wurde. (Foto: ek)

Kein Zuschauer bekommt sie zu Gesicht, geschweige denn, dass er sie zu hören bekommt – zumindest nicht im Bayreuther Festspielhaus. Und doch ist die Souffleuse ein wichtiger Mitspieler auf der Bühne. „Ich bin der Fels in der Brandung“, beschreibt Heike Maria Preuß ihre Arbeit im Kasten mitten auf der Bühne. Hier sitzt sie vertieft in den Klavierauszug und konzentriert dem   Dirigenten folgend, den sie am Monitor sieht, gibt den Takt exakt für die Sänger mit, zeigt den Einsatz an und artikuliert flüsternd aber exakt die Texte. Ein rettender Anker für die Sänger.

Souffleure und Souffleusen sind eine bedrohte Spezies im Theaterbetrieb. Überall wird gespart, „die Oper Frankfurt hat die Souffleuse schon gestrichen“, bedauert Heike Maria Preuß solche Aktionen. Heike Maria Preuß arbeitet normalerweise an der Komischen Oper in Berlin und das seit 14 Jahren. 2011 war ihre Bewerbung in Bayreuth erfolgreich. Da wollte sie hin, „ich liebe Wagner“, lacht sie fröhlich, weil der Traum von Bayreuth in Erfüllung ging. Denn als ein Platz im Souffleusenkasten frei wurde, lag die Bewerbung der quirligen Berlinerin schon vor – und sie wurde genommen.

Von außen betrachtet ist der Souffleusenkasten eine enge Angelegenheit: „Ich habe doch genügend Platz, es gibt einen Tisch, ein Stuhl, mehr braucht man nicht“, ist sie fast erstaunt. Viel wichtiger ist ihr, dass der Platz des Souffleusenkastens für keinen Regisseur zur Disposition steht – das sei nicht überall so. „Hier werden wir hoch geachtet“, freut sie sich über die Wertschätzung in Bayreuth und erzählt, wie verwundert erfreut sie war, als vor drei Jahren Maestro Christian Thielemann beim „Tannhäuser“-Applaus explizit die Hand in den Souffleusenkasten gab, um sich zu bedanken, „das kannte ich bis dahin nicht, da war er der erste“.

Tatsächlich nehmen Souffleusen dem Dirigenten eine Menge Arbeit ab, denn sie führen die Sänger sicher durch die Vorstellung, während sich die Orchesterchefs auf ihre Musiker im Graben konzentrieren können.

Heike Maria Preuß fand eher „durch Zufall“ in ihren Beruf, den sie heute leidenschaftlich ausübt. Das erzählt sie nicht nur, man merkt es ihr auch deutlich an. Dabei hatte sie nach  dem Gesangstudium eigentlich auf ein Engagement in einem Opernchor gehofft. „Aber ich bin Mezzo und die gibt’s wie Sand am Meer.“ Als die Souffleuse an der Komischen Oper in Berlin in Ruhestand ging, ergab es sich, dass Heike Maria Preuß gefragt wurde, ob sie nicht ein Praktikum machen möchte.

Denn es sollen schon Profis sein, die den Sängern auf der Bühne bei Text und Takt zur Seite stehen. So jemand wie Heike Maria Preuß mit ihrem Gesangstudium.  „Das haben eigentlich viele von uns“, erzählt sie. Andererseits hat sie mittlerweile auch mitbekommen, dass sich auch Quereinsteiger um den Job bemühen und und wundert sich: „Wenn ich sehe, wer sich da alles bewirbt, muss ich mich schon fragen.“

Natürlich besteht die Gefahr, dass eine Sängerin, die nun anderen beim Singen „zuschauen“ muss, sehnsuchtsvoll auf die Bühne schaut. Bei Heike Maria Preuß dauerte dieser Zustand „ein paar Tage“. Aus dem zweiwöchigen Praktikum wurde eine Anstellung und aus dem Test eine Berufung.

Denn die Arbeit ist vielfältig und vor allem verantwortungsvoll. Soufflieren (franz. souffler „flüstern, hauchen“, ital. suggeritore „Einbläser“)  bedeutet, sowohl Stück als auch Dirigent und Sänger genau zu kennen. Deshalb  ist die Souffleuse von Anfang an in die Produktion mit eingebunden und sitzt bereits bei den Proben mit dabei. Dabei erfährt sie vieles über die Regieansätze und Produktionsabläufe, kann mit den Sängern abklären, wer was von ihr erwartet. Mancher braucht gar keine Hilfe, mancher ist dankbar, wenn sie nicht nur den Einsatz gibt, sondern die kommende Textpassage schon vorflüstert.

Wer Wagners Texte kennt, weiß, dass sie wegen der Wiederholungen Tücken haben und sich Strophen leicht verwechseln lassen. So erging es gerade einem der Sänger, der die falsche Strophe erwischt hatte – Heike Maria Preuß konnte eingreifen. Wer nicht unmittelbar daneben stand, bekam davon natürlich nichts mit. Auch Klaus Florian Vogt, sehr textsicher, erzählte kürzlich, wie er in der Gralserzählung bei Lohengrin durch ein  Walkie-Talkie aus der Bühnentechnik aus der Konzentration gerissen wurde und freilich dankbar um die Souffleuse war, die diesen intensiven Moment rettete.

Heike Maria Preuß kam mit der „Tannhäuser“-Produktion erstmals nach Bayreuth, also 2011. Das Stück wird am 28. August das Stück letzte Mal gegeben. Für Heike Maria Preuß geht das Leben aber auch 2015 in Bayreuth weiter, dann ist sie Souffleuse bei „Tristan und Isolde“.


Heike Maria Preuß war zu Gast beim „Künstlergespräch“ von TAFF und erzählte hier von ihrer interessanten Arbeit.

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