Sie nennt sie „Grausamkeiten“, zumindest den der Großteil dessen, was Festspielbesucher zur Schonung ihres Rückens mitbringen: Kissen, Decken allerlei Muster und Ausführungen, jedenfalls ziemlich hässlich. Stephanie Mielchen (43), von Beruf Innenarchitektin, dazu leidenschaftliche Wagnerianerin, seit zwölf Jahren Bayreutherin und hat aus dieser optischen Not eine Tugend gemacht – mit ihrer „Festspieltasche“. Das Täschchen – zu haben in schwarz, rot, gold, lila und grün – verwandelt sich flugs in ein Rückenkissen. Ein Hit auf dem Hügel.
Im Anfangsjahr 2012 waren es zwei Taschen pro Woche, über deren Verkauf sich Stephanie von Keller – ihr Geburts- ist auch ihr Firmenname – freute. Heute sind es zehn „am Tag“ wie die Unternehmerin stolz erzählt.
Das Geschäft macht sich: Letztes Jahr stellte sie ihre Taschen noch in „Untermiete“ im Steigenberger-Restaurant auf. Jetzt hat sie schon ihren eigenen Stand hier. Und die Leute stehen zum Teil Schlange – entweder, weil sie vor der Vorstellung selbst noch das nützliche Utensil kaufen wollen; oder es als Mitbringsel mitnehmen, denn die Tasche ist nicht nur praktisch, sondern für 65 Euro auch erschwinglich. Der beste Verkaufstag war die Premiere: „Weil es eine zusätzliche Pause gab“, lacht Stephanie Mielchen.
Die Mutter dreier Söhne (7, 12, und 17 Jahre alt) hatte schon vor Jahren die Idee, mit dem nützlichen und überdies hübschen Accessoire. Nach eigener leidvoller Erfahrung mit der hölzernen Lehne im Festspielhaus, wo die Söhne schon frühzeitig als Statisten mitwirkten, machte sie sich an die Arbeit. Heraus kam die Festspieltasche.
Der Name ist geschützt, das Produkt ausgezeichnet — Stephanie Mielchen wurde mit dem Designpreis 2012 geehrt
Die Unternehmerin, die früher an der Münchner Staatsoper gearbeitet hat, ruht sich nicht auf ihrem Erfolg aus: Zur Tasche gibt es bereits farblich abgestimmt die passende Stola und den passenden Fächer – der leider in diesem Bayreuther Sommer relativ wenig gebraucht wird – aber mit ihrer Idee des Vorjahrs landete sie einen weiteren Treffer: den „Ring“, ein Schlüsselanhänger mit Gravur „Ring des Nibelungen 2013“, der zu letztjährigen Premiere herauskam. Zu haben ist er in Edelstahl (25 €) oder vergoldet (35 €) und geht weg wie warme Semmeln.
Nächstes Jahr, also zur nächsten Premiere, plant die erfolgreiche Designerin wieder ein neues Stück, „ich habe was im Kopf, aber ist noch nicht ganz konkret“, erzählt sie. Doch am Prototyp für ein nützliches Souvenir, den sie nicht nur selbst entwirft, sondern auch herstellt, arbeitet sie bereits. Und jedes ihrer Produkte muss zwei Voraussetzungen erfüllen: „Funktion und Design“.
Von Berufs wegen stechen Stephanie von Keller die diversen Rückenschoner der Gäste mittlerweile freilich noch mehr ins Auge als früher. Dieses Jahr begab sie sich mit dem Fotoapparat für ein Bayreuther Magazin selbst auf die Suche nach „Grausamkeiten“ und dokumentierte sie. Das Schlimmste? „Ein roter Kussmund als Kissen.“
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Ihre wunderbare Idee mit den stylischen Taschen-Sitzkissen wird die Unternehmerin jetzt wohl einstampfen können. Einem Schreiben der Festspielleitung zufolge, welches dieser Tage an alle Kartenbesitzer der diesjährigen Festspiele versandt wurde, dürfen nämlich weder Sitzkissen noch Taschen – ausgenommen kleine Abendtäschchen – mehr mit ins Haus genommen werden. Auch ein Deponieren an der Garderobe ist nicht erlaubt. Ursprünglich erstreckte sich das Verbot sogar auf Schirme! Das hat man wohl inzwischen fallen lassen. Schließlich kann man edel gekleideten Festspielbesuchern nicht zumuten, die mindestens 250 m vom Parkplatz zum Eingang im strömenden Regen zurück zu legen – und anschließend mehrere Stunden lang in feuchten Kleidern und mit triefendem Haar im Zuschauerraum zu sitzen.
Unserer Meinung nach läuft das Kissen unter Abendtasche.
Liebe Steffi,
Deine „Tasche“ grenzt an ein Wunder! Danke Dir und bis bald! Sie kommt immer wieder mit…!
Herzliche Grüße
Eleonore