Anna Netrebko hat ihr Kurzgastspiel bei den Bayreuther Festspielen als Elsa in Lohengrin abgesagt (5. August 2019). Und die Welt dreht sich weiter – zumal mit Annette Dasch hervorragender Ersatz gefunden wurde, sagen wir besser Vertretung, denn Annette Dasch kommt sicher nicht von der Ersatzbank. Sie hat von 2010 bis 2015 mit einem Jahr Pause bei den Bayreuther Festspielen eben als Elsa in der Inszenierung von Hans Neuenfels geglänzt (Beitragsbild oben links) und war in eben dieser Rolle gerade erst als Vertretung der erkrankten Camilla Nylund aufgetreten.
Und Camilla Nylund wiederum war ja eigentlich „nur“ vorgesehen gewesen für die Eva in „Die Meistersinger von Nürnberg“, übernahm dann aber kurzfristig zusätzlich Elsa, nachdem Krassimira Stoyanova erkrankt ihr Gastspiel bei den Bayreuther Festspielen absagen musste.
Krankheiten
Und da wäre man bei dem derzeit vorherrschenden Problem: Das wechselhafte Wetter schlägt sich nicht nur aufs Gemüt, sondern vor allem auf die Gesundheit von Sängerinnen und Sängern, sodass das Besetzungsbüro der Bayreuther Festspiele zurzeit rotiert: Elena Pankratova musste einmal als Ortrud passen, Elena Zhidkova sprang auf die Schnelle ein. Die wiederum kam selbst sehr kurzfristig auf den Grünen Hügel, weil die ursprünglich engagierte Ekatarina Gubanova sich bei den Proben verletzt hatte. Und das kurz vor der Generalprobe. Darum ist in diesem Jahr Elena Zhidkova in der Neuproduktion 2019 in der Regie von Tobias Kratzer zu sehen und zu hören.
Wechsel über Wechsel
„Lohengrin“ stand besetzungstechnisch irgendwie von Anfang an unter keinem ganz guten Stern. 2018, im Premierenjahr, entschloss sich „Lohengrin“ Roberto Alagna nur wenige Wochen vor der Premiere zuzugeben, des Deutschen und damit der Partie nicht mächtig zu sein. Absage. Musikdirektor Christian Thielemann zauberte erfolgreich Piotr Beczala her, der gleich vom Bayreuth-Virus erfasst war und deshalb trotz diverser anderer Engagements auch 2019 für drei Vorstellungen wieder kommen wird. Bis dahin übernahm Klaus Florian Vogt – eine wahres Heldenstück – zusätzlich zu „Walther von Stolzing“ in den Meistersingern.
Teleprompter stand bereit
Beczala wiederum hatte 2016 zusammen mit Anna Netrebko „Lohengrin“ an der Semperoper in Dresden gegeben (Bild oben) – ein durchaus durchschlagender Erfolg, wenngleich sich hinterher herausstellte, dass die russische Starsopranistin vom Teleprompter abgesungen hat, weil sie halt der Sprache nicht mächtig ist. Da nutzt auch die österreichische Staatsbürgerschaft nicht. Einen Teleprompter hätte sie nun auch in Bayreuth bekommen.
Und trotzdem kommt Netrebko nicht, um am 14. und 18. August hier die Elsa zu singen. Das Netz bebt, seitdem am 5. August die Absage offiziell durch die Bayreuther Festspiele bekannt gegeben wurde. Es wird munter spekuliert, ob Anna Netrebko tatsächlich Ruhe verordnet wurde, oder ob sie das zum Teil gnadenlose Publikum scheut, das selbst einen Stardirigenten wie Valery Gergiev ausbuht (Tannhäuser-Premiere, hier der Bericht). Der Vollständigkeit halber noch eine Umbesetzung in Lohengrin 2019: Nachdem Tomasz Konienczny bereits bei der letzten Vorstellung im zweiten Akt als Telramund aufgeben musste, springt am 7. August Thomas J. Mayer ein – auch er Bayreuth- und Telramund-erfahren.
Jedenfalls scheint das Kapitel Anna Netrebko vorläufig beendet. In dieser Saison singt nun Annette Dasch die Partie der Elsa, nächstes Jahr ist Camilla Nylund fest eingeplant.
Schager wird Lohengrin
Dann gibt es auch laut Plan einen „Lohengrin“ von Anfang bis Ende der Saison – Andreas Schager.
Musikalischer Leiter von Lohengrin bleibt auch 2020 Christian Thielemann, wenngleich er die letzten beiden Lohengrin-Vorstellungen in die Hände von Axel Kober (2020 auch Dirigent von Tannhäuser) geben wird, weil er selbst zum 100. Geburtstag der Salzburger Festspiele für ein Konzert dort ausnahmsweise den Bayreuther Sommer vorzeitig beenden wird.