Hallo, Buhrufer – war das wirklich euer Ernst, Marek Janowski anzupöbeln? Der Herr im Frack war der Dirigent von „Rheingold“. Nicht der Regisseur. Und selbst an dem, also an Frank Castorf, hat man sich ja eigentlich in den letzten fünf Jahren abgearbeitet. Janowski, der den „Ring des Nibelungen“ seit 2016 und in dieser Saison auch schon zum dritten Mal dirigiert, hatte so einen Unmut bislang jedenfalls noch nicht abgekriegt. Immerhin: Als Janowski zum zweiten Mal vor den Vorhang kam, gab es umso mehr Bravo und Getrampel als Gegenreaktion auf die erneuten Buhs.
Schräg-buntes Spektakel
Es blieb das Rätsel am Vorabend der Trilogie „Der Ring des Nibelungen“. Das Rheingold, die herrlich bunte Motel-Show, ging am Mittwoch (23. August) definitiv in die letzte Runde und eröffnete den dritten und letzten Castorf-„Ring“. Es ist alles noch ein bisschen schriller geworden, was natürlich auch daran liegt, dass die Inszenierung nun sitzt und ein fröhlich-frivoles Spiel geworden ist. Selbst der glänzend aufgelegte Alberich Albert Dohmen hat, so scheint es, seinen Frieden mit dem Spektakel gemacht. Vor zwei Jahren brummte er noch darüber, dass Alberich kein Enterich sei. Jetzt aber sieht es so aus – die Kamera zeigt’s überdeutlich – als sei er tatsächlich wütend über die Weiber namens Rheintöchter und darüber, wie ihm der Ring und der Rheinschatz abgeluchst wird.
Edle Besetzung
Einen sehr soliden Wotan gibt Iain Paterson ab, wäre da nicht diese Nebenrolle namens Fasolt, gesungen von Günther Groissböck, der die männlichen Kollegen schlicht an die Wand singt. Ein Vorgeschmack auf Groissböcks „Wotan“ 2020, wenn der Ring wieder als Neu-Produktion bei den Bayreuther Festspielen auf dem Programm steht. Eine wahre Freude sind wieder Stimme, Optik und Spiel von Nadine Weissmann als sehr wissende Erda. Wie überhaupt das gesamte singende Personal in Bestform ist. Angefangen bei den Rheintöchtern Alexandra Steiner, Stephanie Houtzeel und Wiebke Lehmkuhl, den Göttinnen Fricka und Freia von Tanja Ariane Baumgartner und Caroline Wenborne bis zu den edel besetzten Partien Donner mit Markus Eiche und Froh mit Daniel Behle sowie Fafner mit Karl-Heinz Lehner. Roberto Saccà als Loge geht vielleicht manchmal etwas unter gegen die wuchtigen Kollegen.
Musikalisch ist beim Wagner-Festival 2017 ohnehin höchst selten etwas zu bemängeln, wenn dann auf hohem Niveau. Das Dirigat von Altmeister Marek Janowski, der für seine Vertretung bei „Parsifal“ vor zwei Wochen überschwänglich gefeiert wurde, bringt keine umwerfenden Erkenntnisse, ist vielleicht anfangs ein bisschen arg zackig, sodass den Rheintöchtern bei „Rheingold, Rheingold“ fast die Zeit zum Luftholen fehlt, und am Ende ein wenig arg getragen. Aber das sind Geschmacksfragen. In der Premierenwoche erntete vor allem Janowskis „Rheingold“ auch bei der Kritik keine Jubelarien (z. B. BR Klassik: „Breiter Pinselstrich“). Aber Buhs? Was dahintersteckt, darüber kann man nur spekulieren.