„Der fliegende Holländer“
Und dann springt Senta. Nicht von einer Klippe, sondern nur vom Bühnenpodest, bevor sie hinüber läuft zum „Holländer“, der wieder auf seinem Boot verschwunden ist. Vielleicht bekommen sich die Zwei doch noch… Mit tosendem Applaus endet der aktuelle „Fliegende Holländer“ der Reihe „Wagner für Kinder“. Doch auch Erwachsene sind begeistert, weil ihnen dieser Wagner für Einsteiger grundsätzlich weniger Sitzfleisch abverlangt als drüben, im großen Festspielhaus.
Probebühne als kleines Festspielhaus
Wer eine Vision der Bayreuther Festspiele sehen möchte, braucht sich nur hinters Festspielhaus zu begeben. Zwischen Künstlereingang und Kindergarten befindet sich Probebühne V. Ein schlichter Holzbau mit viel Leben im Innern: Es ist der Geburtsort von „Wagner für Kinder“. Ein Projekt, das sich etwas brav anhört. Tatsächlich ist das aktive Fanarbeit für Wagners Werk. Und Erwachsene sind froh, wenn sie Nachwuchs haben, den sie dorthin begleiten können. Denn gezeigt wird auch im achten Jahr eine professionelle Produktion eines Werks von Richard Wagner, nur etwas kürzer als im Original, was den Einstieg ins Wagner-Fach enorm erleichtert.
„Wagner für Kinder“ war eines der ersten Projekte, die Katharina Wagner als Festspielleiterin 2009 in die Tat umsetzte. Zusammen mit Schulen und mit Theaterprofis, einem echten Orchester und Sängern aus dem Festspielhaus wird seither der Wagner-Kanon abgearbeitet, der mit „Der fliegende Holländer“ begann, mit Tannhäuser, der Ring des Nibelungen, Meistersinger von Nürnberg, Tristan und Isolde, Lohengrin und Parsifal mittlerweile beendet ist. In diesem Jahr steht wieder „Der fliegende Holländer“ auf dem Spielplan.
Wagner für Einsteiger in einer Stunde
Hier sind sich Jung und Alt ausnahmsweise einig — das zumindest lässt sich aus dem Applaus von Holländer II schließen. Begeisterter Applaus und Getrampel erschüttern das „kleine Festspielhaus“ nachdem der letzte Takt des Brandenburgischen Staatsorchesters unter der schon bewährten Leitung des jungen Dirigenten Boris Schäfer verklungen ist und Senta und der Holländer sich die Hände reichen.
Auf knapp eine Stunde haben Festspielleiterin Katharina Wagner sowie Dorothea Becker den „Holländer“ gekürzt. Die musikalische Kurzversion hat Marko Zdralek geschaffen. Wenn die großen Chorszenen gestrichen sind und nur durch die Solisten kurz gestreift werden (Mary, Eva Maria Summerer, stimmt den Chor der Spinnerinen an, während sie ihr Radl repariert; Daland, Jukka Rasilainen, singt einen kleinen Teil des Geisterchors), ist schon viel Zeit gewonnen für die Geschichte um den fliegenden Holländer.
Die junge, preisgekrönte Regisseurin Julia Huebner und ihre Bühnenbildnerin Esther Dandani nutzen die gesamte Breite des Raumes und zeigen das Geschehen parallel auf zwei Bühnen. Einmal in Sentas Welt, hervorragend gesungen und gespielt von Christiane Kohl, daneben die Meeresszenen, in der Papa Darland (Jukka Rasilainen mit offensichtlichem Heidenspaß am Kinderprojekt) auf den merkwürdigen aber schwerreichen Holländer trifft. Kai Stiefermann verkörpert gelungen diesen traurigen Helden. Dann gibt es noch die Mary (Eva Maria Summerer), den Steuermann (David Ameln) und den eifersüchtigen Erik (Charles Kim), um die gesamte Geschichte zu erzählen bzw. zu singen.
Mit pfiffigen Regie-Gags wie Lamellen, die zwischen Offenheit und Alleinsein auf- oder zugezogen werden, dem Goldbarren jonglierenden Papa oder Sentas Fernseher, in dem sie ihren Superstar „Holländer“ gefunden hat, oder dem Pappmaché-Holländer mit Flügeln wird die Handlung unterstrichen, ohne ins Alberne abzudriften. So haben nicht nur die Zuschauer auf den Sitz-Treppen, sondern auch die Akteure Spaß an dieser Oper, die zehnmal gespielt wird. Alle Vorstellungen sind ausverkauft.
Tickets gratis im Internet
Dabei können die Tickets gar nicht gekauft werden. Für die jungen Zuschauer sind sie gratis, ebenso wie sie dank eines Sponsors am Ende noch Biolimonade und Luftballons sowie ein liebevoll gestaltetes Programmheft mit Rätsel und Bastelanleitung bekommen. Nur erwachsene Begleitpersonen zahlen für ein Ticket. Ermöglicht wird diese durchaus aufwendige Produktion durch Sponsoren wie Audi, Wöhrl und Unterstützerteam TAFF.
Wer selbst einmal eine Kinderoper erleben möchte: Tickets können immer im Mai ausschließlich im Internet bei den Bayreuther Festspielen bestellt werden. Allerdings muss man sehr schnell sein. Denn wegen des großen Andrangs bricht der Server unter dem Andrang schon einmal zusammen.