Dohmen als Alberich
Albert Dohmen als Alberich; Anna Lapkovskaja als Flosshilde und 1. Norn. Das sind „Nachfolger“ von Oleg Bryjak (✝) und Maria Radner (✝) im „Ring des Nibelungen“ der Bayreuther Festspiele 2015. Der Bassbariton Bryjak und die Altistin Radner waren an Bord der German-Wings-Maschine, die am 24. März über den französischen Alpen absichtlich zum Absturz gebracht worden war. Die Bayreuther Festspiele reagierten damals schockiert auf die Nachricht vom Tod der beiden Künstler, die beide in Barcelona an einer „Siegfried“-Aufnahme mitgewirkt hatten und sich nun auf der Rückreise befanden. Über eine Nachbesetzung wurde zum damaligen Zeitpunkt nicht gesprochen. Jetzt, sechs Wochen später, wurden die Namen auf Nachfrage von festspieleblog.de bekannt gegeben.
Albert Dohmen ist „Ring“-erfahren in Bayreuth, trat im Dorst-Ring von 2007 bis 2010 als Wotan/Wanderer auf. Anna Lapkovskaja feiert gerade an der Deutschen Staatsoper Berlin große Erfolge, ist unter anderem ab nächster Saison als Magdalene in „Die Meistersinger von Nürnberg“ engagiert. In Bayreuth gibt die Sängerin, die in Minsk geboren wurde, in diesem Jahr ihr Debüt. ©Achim Graf
Drei Partien für Klaus Florian Vogt
Aus Lohengrin wird Parsifal wird Stolzing: Für einen Schreck in der Fangemeinde von Tenor Klaus Florian Vogt sorgte im April die Zeitschrift „Opernwelt“, die meldete, dass die Bayreuther Festspiele nun auch die Titelpartie des Parsifal in der Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg (hier ein Interview mit dem Regisseur) besetzt haben — mit dem österreichischen Tenor Andreas Schager.
Ein Missverständnis. Wie längst vermeldet gibt Klaus Florian Vogt den „reinen Tor“. Allerdings nur in der Premierensaison. Der österreichische Shootingstar Andreas Schager übernimmt 2017 die Titelpartie. Denn dann wird aus Parsifal Vogt „Stolzing“ in „Die Meistersinger von Nürnberg“. Es ist Vogts Paraderolle, mit der er 2007 seinen internationalen Durchbruch in Bayreuth feierte. Seither ist der Bayreuth-Fan auch Stammgast auf der Bühne. Nach Stolzing in den Meistersingern wurde er 2010 „Lohengrin“ in der Regie von Hans Neuenfels, das Stück, das in diesem Jahr in die letzte Saison geht. Regie von Vogts ersten Bayreuth-Meistersingern führte Katharina Wagner. 2016 inszeniert Berrie Kosky, Intendant der Komischen Oper Berlin. Die Opernwelt hat die Verwechslung in der Mai-Nummer übrigens schon richtig gestellt.
Und wer singt noch?
Rätselraten um die Besetzungliste der Bayreuther Festspiele 2015. Während schon s.o. über die Titelpartien 2016 und 17 gesprochen wird, erfährt der Festspiel-Fan nach wie vor über die Saison, die in zwei Monaten eröffnet wird, nur die Regisseure und die Dirigenten — soviel erfuhren wir schon am Ende der Festspiele 2014 auf www.bayreuther-festspiele.de. Einzige die Tristan-Besetzung wurde im Februar veröffentlicht. Vielleicht liegt’s daran, dass hier Festspielleiterin Katharina Wagner Regie führt.
Alle anderen sechs Stücke sind besetzungstechnisch immer noch blank. Warum? Angeblich bremst Geschäftsführer Hans-Dieter Sense die Veröffentlichung, weil er Regressansprüche der Karteninhaber befürchtet, falls es durch Krankheit oder warum auch immer Sängerwechsel geben sollte.
Andere Häuser sind in diesem Punkt gelassener: Bei der Staatsoper Wien können schon heute die Besetzungslisten — zumindest die Hauptpartien — bis Juni 2016 geklickt werden. Und auch die Salzburger Osterfestspiele präsentierten am Tag nach der Premiere 2015 Spielplan und Besetzung fürs nächste Jahr, ungeachtet dessen, ob irgendjemand krank sein könnte im nächsten Jahr. Vor Regress schützt man sich einfach im Kleingedruckten der Geschäftsbedingungen, indem für kurzfristige Ausfälle bzw. Rollenwechsel keine Haftung übernommen wird. Geht auch.
Auch in Bayreuth ist man erstaunt über die Zurückhaltung, „wahrscheinlich werden wir bald mehr über die Besetzungliste 2016 wissen als 2015“, wird geunkt.
Dabei sind gar keine großen Knüller zu erwarten. Die Ring-Besetzung wird erst nächstes Jahr massiv wechseln. Krill Petrenko widmet sich auch im Sommer 2016 seiner Aufgabe als Generaldirektor der Bayerischen Staatsoper, als Nachfolger steht bereits Marek Janowski, Chef des Berliner Rundfunksinfonieorchesters Berlin. Wir berichteten darüber im Februar. Auch Wotan Wolfgang Koch, so war zumindest letztes Jahr zu hören, mag sich die Mammutpartie in Bayreuth 2016 nicht noch eine weitere Saison zumuten. Dabei gab er einen wundervollen Mafia-Boss. Schade drum. Viele im Publikum würden sich hingegen einen schnellen Wechsel in der Partie des Siegfried wünschen. Doch auch sie müssen sich gedulden, bis Maestro Petrenko sich in Bayreuth verabschiedet hat, denn er hält angeblich unbedingt an Ryan fest.
Jeden Tag eine neue Partie
„Sportlich“, meldete festspieleblog.de den Einsatz von Anja Kampe, die Sieglinde (Walküre) und Isolde in Bayreuth verkörpern wird. Zwei mächtige Partien. Der Spielplan mutet der Sängerin Ende August ein richtige Herausforderung zu: Am 22. die Sieglinde in der Walküre, am nächsten Tag Isolde. Das ist nicht zu schaffen, urteilte die Fangemeinschaft auf Facebook. Doch, es ist kein Ersatz geplant, bestätigt Pressesprecher Peter Emmerich auf Nachfrage von festspielblog.de: Ihm sei nichts von einer Umbesetzung an diesem Tag bekannt, „sie wird wissen, was sie sich zumuten kann“.
Bröckelt der Mythos?
Wie man’s macht, man macht’s verkehrt — das Sprichwort bewahrheitet sich bei den Bayreuther Festspielen in Sachen Kartenverkauf. Erst wurde geschimpft, dass Normalbürger nicht an Tickets kommen oder nur nach zehn Jahren Wartezeit; jetzt gibt’s Karten online zu kaufen. Und dann ist’s auch nicht recht, denn nicht alle Vorstellungen sind derzeit ausverkauft, „der Mythos bröckelt“, heißt es schon. Dabei ist es doch ziemlich normal, dass man sich Karten relativ kurzfristig kaufen kann. Vielleicht wird der Verkauf noch angekurbelt, wenn die Besetzungsliste online steht.
Vor allem der Ring ist noch in allen Preiskategorien und an allen verfügbaren Daten zu haben. Das liegt natürlich auch daran, dass der Bayreuther Ring kein billiges Vergnügen ist: Vier Karten, sechs Übernachtungen. Das kann schon ordentlich ins Geld gehen.
Vereinzelt zu haben ist noch „Lohengrin“, der Publikumsliebling der letzten Jahre, während „Der fliegende Holländer“ nicht wirklich der Knüller der Saison ist. Kein Wunder: Die Regie ist mäßig, die Sänger geben ihr Bestes, aber irgendwie ist das Stück langeweilig. Und dann gibt’s in diesem Jahr noch den Wechsel im Graben: Christian Thielemann gibt den Taktstock an Axel Kober ab, da der Maestro ja „Tristan und Isolde“ in der Regie von Katharina Wagner dirigiert. Tristan hat am 25. Juli Premiere. Und nicht nur die, sondern auch alle weiteren fünf Vorstellungen sind absolut ausverkauft.
Apropos Thielemann. Der war als Kandidat für den Chefposten der Berliner Philharmoniker gehandelt worden. Doch die Wahl am 11. Mai scheiterte nach stundenlangem internen Ringen, über das nichts nach außen dran — außer der Erklärung am späten Abend, man wolle sich jetzt noch einmal intensiv und intern mit dem Thema beschäftigen. Man möchte sich fragen, was die Musiker denn zuvor getan haben, und wartet gespannt weiter.
Wäre Thielemann übrigens gewählt worden, hätte das sicherlich ein Erdbeben in Dresden (Sächsische Staatskapelle) und Salzburg (Osterfestspiele)ausgelöst. Denn für die Sächsische Staatskapelle ist Thielemann ein Ausverkauft-Garant und die Osterfestspiele leitet der 56-Jährige als Chef der Staatskapelle Dresden, nachdem sich ja die Berliner 2013 als Festspielorchester zu den Osterfestspielen Baden-Baden verabschiedet hatten. Es wäre also eine interessante Konstellation geworden.
Wie auch immer: In Bayreuth bleibt Thielemann feste Größe, weshalb dort die Wahl der Berliner Philharmoniker nur mit fachlichem Interesse verfolgt wurde: „Die Bayreuther Festspiele hätten sicher gratuliert, die Position des musikalischen Beraters wäre davon aber nicht berührt“, versichert Pressesprecher Emmerich.
Ausverkauft in fünf Minuten
Da sage noch einer, die Jugend interessiert sich nicht für Klassik: Innerhalb von fünf Minuten war „Oper für Kinder“ in Bayreuth ausverkauft. Es handelt sich hier um ein Nachwuchsprojekt, in das BF-Medien seit 2010 eine Menge Energie und Geld investiert. Dafür bekommt das junge Publikum, das nur allzu gern von Erwachsenen begleitet wird, freien Eintritt, ein wunderschönes Programmheft über das jeweilige Stück. Mit „Parsifal“ in diesem Jahr ist der erste Kanon rum, dann sind alle Wagner-Opern, die auch im großen Haus gegeben werden, einmal kindgerecht aufgearbeitet.