Hans Scharfetter, Bernd Gaubinger, Christian Thielemann, Peter Ruzicka, Jan Nast und Andreas Wylezol. (F: ek)

Osterfestspiele Salzburg 2016: Programm und Namen sind schon fix

Während bei den Bayreuther Festspielen die Besetzungsliste der Sängerinnen und Sänger 2015 noch als Verschlusssache behandelt wird (mit Ausnahme von Tristan), hat man bei den Osterfestspielen Salzburg weniger Hemmungen: Hier liegt schon Programm samt vollständiger Besetzung für die Osterfestspiele 2016 frisch gedruckt vor. Und das, wo an der Salzach gerade die erste von elf Vorstellungen 2015 über die Bühne gegangen ist.

Christian Thielemann
Zufrieden nach der Premiere am Vortag und dem Programm 2016: Christian Thielemann, Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden und künstlerischer Leiter der Osterfestspiele Salzburg, bei der Pressekonferenz am 29. März im Hotel Sacher in Salzburg.

Botha DER Otello

Bei der Pressekonferenz am 29. März im Hotel Sacher in Salzburg herrschte eitel Sonnenschein: Über tolle Zahlen (90 Prozent Auslastung bei Spitzenpreisen von 490 Euro), eine fulminante Premiere am Vorabend, an dem Christian Thielemann, Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden und künstlerischer Leiter der Osterfestspiele Salzburg, Italienisches mit Pietro Mascagnis „Cavalleria Rusticana“ und Ruggero Leoncavallos „Pagliacci“ unter anderem mit Jonas Kaufmann in zwei Titelrollen gegeben hatte, und über das fertige Programmheft 2016.

Drei Jahre im Voraus werden die Sängerinnen und Sänger gebucht, sagt der künftige Intendant Peter Ruzicka, „das ist internationaler Standard“. Aus dieser Distanz heraus könnten Mitwirkende engagiert werden, von denen zu erwarten ist, dass sie auch zur Aufführung in Topform sind.

Die Osterfestspiele Salzburg glänzen auch 2016 mit Namen. Ein Blick ins Heft: Johan Botha als Otello, DER Otello für Christian Thielemann, der selbstredend auch bei dieser Oper von Guiseppe Verdi am Pult der Staatskapelle Dresden stehen wird,  Dorothea Röschmann als Desdemona („bildschöne Stimme“), Dmitri Hvorostovsky als Iago, Georg Zeppenfeld als Lodovico, Christa Mayer als Emilia; außerdem Krassimira Stoyanova als Solistin im Chorkonzert, Rudolf Buchbinder als Solist im Orchesterkonzert mit Vladimir Jurowski, Chef des London Philharmonic Orchestra, der 2016 Gastdirigent sein wird, Pianist Yefim Bronfman wiederum tritt mit Thielemann auf und: in München oft zusammen beim Essen, aber künstlerisch immer „aneinander vorbeigedrifetet“ — nächstes Jahr werden Anne-Sophie Mutter und Christian Thielemann ein Konzert bei den Osterfestspielen zusammen geben.

„Da hab‘ ich gern mitgemacht“

Auch die Gegenwart gibt Grund zur Freude. Thielemann ist begeistert,  wie „schön gelaufen“ die Premiere des Vortags ist und findet die Inszenierung von Regisseur Philipp Stölzl „ausgezeichnet“. Im  Team ei ein  Top-Ensemble engagiert worden, wofür sich der künstlerische Leiter bedankt, ebenso bei „Chor und Orchester, die sich von seiner allerbesten Seite zeigten“. Unterm Strich:  „Da hab‘ ich gern mitgemacht.“

Peter Ruzicka ist ab 1. Juli 2015 Geschäftsführender Intendant der Osterfestspiele Salzburg.
Peter Ruzicka ist ab 1. Juli 2015 Geschäftsführender Intendant der Osterfestspiele Salzburg und freut sich, „Copilot“ von Christian Thielemann zu sein.

Und schließlich hat das kurze Festival (Start mit dem Kinderkonzert „Kapelle für Kids“ am 22. März; Ende am Ostermontag) auch einen neuen Intendanten, der bei der Programmpräsentation schon anwesend ist, obwohl er sein Amt erst am 1. Juli antritt: Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Ruzicka wurde im November als Nachfolger von Peter Alward vorgestellt. Ruzicka ist alles andere als Neuling in Salzburg. Hier führte er unter anderem als Intendant von 2001 bis 2006 die Salzburger Festspiele zu neuer Größe; außerdem war Ruzicka von 1996 bis 2014 künstlerischer Leiter der Münchner Biennale.

Kostüme von Christian Lacoix

Und Ruzicka ist schuld, „dass ich ins Wagnerfach kam“, sagt Christian Thielemann, den Ruzicka einst an der Staatsoper Hamburg kurzfristig für „Tristan und Isolde“ engagierte, wofür ihm der „ewig dankbar ist“. Gemeinsam wurde auch schon der Regisseur des „Otello“ ausgesucht. Es ist Vincent Boussard; Vincent Lemaire ist für das Bühnenbild zuständig. Und: Die Kostüme entwirft Modeschöpfer Christian Lacroix.

Wagner findet man auch im nächsten Jahr nicht bei den Salzburger Osterfestspielen. Thielemann will sich nicht mehr auf den „Meister“ allein festlegen lassen. Dafür gibt es schließlich ja Bayreuth (2015 Tristan-Premiere in der Regie von Katharina Wagner). In Salzburg stehen 2016  auf dem Konzertprogramm: Carl Maria von Weber, Ludwig van Beethoven, Felix Mendelssohn Bartholdy, Peter Tschaikowski, Franz Liszt und auch Zeitgenössisches wie Hans Werner Henzes Sinfonia N. 8, und die Uraufführung „Four Women from Shakespeare“, ein Auftragswerk der Festspiele an Manfred Trojahn, der die Musiker der Sächsischen Staatskapelle Dresden leiten wird.

„Missa solemnis“ zum zweiten Mal

„Fünf Jahre ist das schon her“, Christian Thielemann, Orchesterdirektor Jan Nast und Orchestervorstand Andreas Wylezol erinnern sich an das Gedenkkonzert in Dresden, die erste Zusammenarbeit im Februar 2010, als bereits abzusehen war, dass Thielemann München verlassen und die Sächsische Staatskapelle in Dresden übernehmen wird. Bei jenem denkwürdigen Konzert in der Dresdner Frauenkirche zum Gedenken an das Bombardement 65 Jahre zuvor wurde Beethovens „Missa solemnis“ gegeben. Und Thielemann ist heute noch von der „Leistung des Orchesters“ begeistert, vor allem von 1. Konzertmeister Matthias Wollong, der über einen „Engelston verfügt, der einzigartig ist“, schwärmt der Maestro heute noch über Wollongs Solo, „das ich so noch nie gehört habe“. Damit macht er Appetit auf das Chorkonzert (Chor des Bayerischen Rundfunks) am 22. und 25. März 2016, bei dem wieder die „Missa solemnis“ aufgeführt wird.

2100 Förderer zahlen großen Batzen

Nach der Kunst die Kalkulation. Doch auch die klingt nicht schlecht, wie Geschäftsführer Bernd Gaubinger erzählt. Das Vorjahresergebnis sei um mindestens zehn Prozent übertroffen; Zahlen wie die diesjährigen habe es 2003 letztmals so gegeben. Er freut sich über jetzt 2100 Förderer, die 13 bis 14 Prozent des Budgets bestreiten. Die Eigenfinanzierungsquote liegt Gaubinger zufolge bei „88 Prozent, das ist international kaum zu finden“. Damit werde auch der Steuerzahler — Stadt und Land Salzburg sowie die Tourismusförderung übernehmen eine Ausfallshaftung von einer Million Euro, die zu 60 Prozent in Anspruch genommen werde — entlastet. Außerdem gibt’s ab 2016 mit VW einen neuen Hauptsponsor (die Gläserne Manufaktur des Konzerns fördert schon die Staatskapelle und die Semperoper Dresden), der die Rolle von Audi übernimmt.

Die Frage nach dem 11. Mai

Blieb am Ende nur die Frage: Was, wenn am 11. Mai die Berliner Philharmoniker Christian Thielemann zu ihrem neuen Chef wählen? Darauf angesprochen ist dessen gute Laune schnell verflogen: „Ich kann’s nicht mehr hören“, murrt Thielemann, weil  die erste Antwort  „Wir sind hier!“, nicht genügte. Schon klar, dass er die viel beachtete Personalie in seiner Geburtsstadt nicht kommentiert. Doch freilich stellt sich die Frage, was wäre wenn, nachdem die Sächsische Staatskapelle Dresden und ihr prominenter Chef ja 2013 in Salzburg einsprangen, weil eben die Berliner unter Simon Rattle dem Ruf des noch größeren Geldes in Baden-Baden folgten und hier nun eigene Osterfestspiele bestreiten. Insofern ist die Konstellation schon interessant. Und an diesem Morgen wird auch eifrig getuschelt darüber. Wie sich herausstellt, sollte die Frage aber nicht offiziell gestellt werden.

Wer Lust auf einen Ausflug nach Salzburg hat: Die Oper ist zwar ausverkauft, aber Restkarten für die Konzerte, unter anderem das für Salzburg, und weitere Infos gibt’ im Internet: www.osterfestspiele-salzburg.at

Hans Scharfetter, Bernd Gaubinger, Christian Thielemann, Peter Ruzicka, Jan Nast und Andreas Wylezol. (F: ek)
Programmpräsentation der Osterfestspiele Salzburg 2016: Aufsichtsratsvorsitzender Hans Scharfetter, Geschäftsführer Bernd Gaubinger, Christian Thielemann, künstlerischer Leiter der Festspiele und Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden, Intendant Peter Ruzicka, Orchesterdirektor Jan Nast und Orchestervorstand Andreas Wylezol.  – Fotos von ek

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