Anja Kampe und Johan Botha in Walküre II. Foto: Enrico Nawrath, Bayreuther Festspiele

Walküre mit neuem Publikum

Klassische Inszenierung: Hier, der Ritt der Walküren

Stille. Zwei Sekunden lang andächtige Stille. So etwas hat man an keinem der Premierentage des „Ring des Niblungen“ erlebt: Dass sich der Vorhang schließt und das Publikum die Takte durchs große Festspielhaus trudeln lässt – und dann erst seinen Emotionen freien Lauf lässt. Allein dieser kurze Moment ist Hochgenuss.

Es gab am Dienstagabend „Die Walküre“ im Bayreuther Festspielhaus, als Einzelvorstellung außerhalb des Rings, weshalb dieses Werk viermal aufgeführt wird; der gesamte Ring hingegen dreimal. Die Karten waren übers Internet verkauft worden und prompt ist das Publikum ein ganz anderes als es noch in der Vorwoche war. Viele sind dabei, die tatsächlich ehrfürchtig dieses Festspielhaus betreten, begeistert davon, einmal Wagners Heiligtum erleben zu dürfen. Die „Neuen“ erkennt man daran, dass sie noch nicht so fit sind in der Platzermittlung sind, da die knapp 2000 Plätze über sieben Türen links oder rechts sowie über Stiegen erreichbar sind. Oder daran, dass man sie auch in den beiden Pausen mit dem für eine längere Vorstellung wie die „Walküre“ durchaus empfehlenswerten Rückenkissen durch den Park schlendern sieht. Das Misstrauen ist unangebracht, die Kissen können im Festspielhaus zurückgelassen werden.

Auffällig viele junge Leute, also zwischen 20 und 40, sind heute schick angezogen dabei. Man trifft insgesamt einfach Menschen, die sich freuen, eine Festspielkarte ergattert zu haben und nicht abgeklärt und fast trotzig zur Vorstellung zu gehen, im Wissen, dass einem das, was da gezeigt wird, eh nicht gefällt, wie das vor allem in der Premierenwoche der Fall ist.

Auch auf der Bühne scheint heute manches anders zu sein. Vielleicht ist es doch der Premierendruck, der selbst den Profis zu schaffen macht. Das gesamte Ensemble wirkt heute lockerer und legt eine grandiose Vorstellung hin. Sogar die beiden Truthähne, die den ersten Akt in ihrem Käfig beleben, machen einen hochzufriedenen Eindruck, hocken sich gemütlich hin und schauen zu, als ob sie den besten Platz auf der Bühne genießen würden.

Riesenapplaus kommt nach jedem Akt und am Ende für Catherine Foster, die eine durchgängig starke Brünnhilde gab, für Wolfgang Kochs wirklich beeindruckenden Wotan, für die wundervollen Walküren, für Kwangchoul Youn und seinen edlen Hunding, für Claudia Mahnkes überzeugende Fricka und natürlich für das Anfangs-Paar Anja Kampe (Sieglinde) und Johan Botha (Siegmund). Ihn wünscht man sich statt in der kurzen Siegmund-Partie in „Siegfried“ und „Götterdämmerung“. Dass seine Spielfreude nicht intensiv ausgeprägt ist – sei’s drum. Rennt er halt weniger Treppen hoch und runter als das Lance Ryan, der aktuelle Siegfried, tut. Aber als Sänger ist Botha eine Wucht. Schade, dass er nur für diese Kurzpartie in Bayreuth ist.

Ja, und wenn Kirill Petrenko verschmitzt vor den Vorhang tritt, ist die Jubelstimmung komplett im Festspielhaus. Weit länger als bei der Premiere wird diesmal applaudiert und getrampelt. Es gab übrigens kein einziges Buh – auch nicht nach zwei Sekunden Stille am Schluss. – ek

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