Über den Ring von Frank Castorf lässt sich ausführlich diskutieren. Und das tun wir auch. Zum Premieren-Ring 2014 veröffentlichte festspieleblog.de eine Gesamtbetrachtung dieses Werkes, die im Gespräch mit Dr. Sven Friedrich entstand. Heute, Sonntag, geht es in die zweite Ring-Runde, die mit „Rheingold“, dem Vorabend des Bühnenfestspiels von Richard Wagner, beginnt. Hier eine genauere Betrachtung der Rheingold-Regie mit Dr. Sven Friedrich, Direktor des Richard-Wagner-Museums, der jeden Vormittag inszenierungsbezogenen Vortrag im Festspielhaus hält.
Das Rheingold ist als Mafia-, als Gauner-Burleske inszeniert. Es geht bunt zu auf der Bühne, unglaublich schnell: „Ein Konverstationsstück, da passiert dauernd irgendetwas. Fast so etwas wie eine Komödie“, sagt Friedrich. Castorf inszeniere das Rheingold „konsequent als diese Pulp-Fiction-hafte Mafia-Burleske“, so Friedrich, „und das ist das Rheingold ja auch ein Stück weit“.
Eine große Rolle spielt die Kamera. Man sieht einen Kameramann, man sieht auf eine große Leinwand. „Man kann sich immer fragen: Ist das alles so gemeint oder ist das Film im Film?“, so Friedrich, der auch auf sehr viele Filmzitate im „Rheingold“ verweist. In keinem der weiteren Teile wird übrigens so viel Film gezeigt, wie hier.
Entweder gibt es Video-Zuspieler oder man betrachtet das, was auf der Bühne geschieht, aus anderen Blickwinkeln und -perspektiven auf der großen Leinwand. „Das ist kognitiv unglaublich anspruchsvoll“, weiß Friedrich. Denn es gebe stets mindestens zwei Bildebenen, die auch fragmentarisch sind. „Man sieht also nie das Ganze.“
Auch das geht in Ordnung, findet der Wagner-Experte: „Castorf sagt, das ist wie im Leben, da sieht man auch nie das Ganze.“ So kann es schon sein, dass es den Zuschauern zu viel wird: Text, Musik, dann auch noch überbordende Bühne: „Viele geraten in Panik, weil sie das Gefühl haben, sie bekommen nicht alles mit, und sie verstehen’s dann nicht“, weiß Sven Friedrich. Sein Rat: „Entspannung! Wichtig ist nicht, das was man nicht sieht, sondern das, was man sieht. Das reicht völlig aus.“ Friedrich vergleich das mit einem Roman von Jean Paul: „Da bekommt man auch nie alles mit, völlig unmöglich.“
Das „Rheingold“ könne anstrengend sein, wenn man sich dem Druck aussetzt, alles verstehen zu wollen: „Muss man aber nicht.“ Das ist also das Rheingold, der Vorabend, man könnte sagen, ein filmischer Auftakt. Und dann denkt man, das geht so weiter.
Doch der Eindruck täuscht…
Der Bericht von der Premiere: https://www.festspieleblog.de/2014/07/pfiffig-sexy-rheingold/
Mehr über die Ring-Regie: https://www.festspieleblog.de/2014/08/reden-wir-ueber-regie/