Die Fahne auf dem Festspielhaus hoch über dem Königsportal wurde schon am Morgen gehisst. Ohne Zuschauer, ohne Spektakel. Doch damit ist das offiziell verkündet: Die Festspiele Bayreuth sind eröffnet. Schon zu dieser Zeit platzieren sich die ersten Fotografen und Kamerateams im Eingangsbereich auf dem „Wolfgang Wagner Platz“ um die besten Aussichten beim so genannten „Aufmarsch“ am Abend zur Premiere zu bekommen.
Enttäuschung herrscht in mancher Zeitungsredaktion, weil es so wenig Neues gibt. Keine Neuinszenierung in diesem Jahr und Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt auch nicht zur Premiere am Abend (Tannhäuser). Sie kommt nicht zur Eröffnung, wohlgemerkt. Bekanntlich ist die Kanzlerin aber begeisterte Wagnerianerin und wird nächste Woche in Bayreuth erwartet, um unter anderem den Rest des „Ring des Nibelungen“ zu sehen. Vergangenes Jahr hatte sie die „Götterdämmerung“ ausgelassen – es war Wahlkampf und es wurde geunkt, da mochte sie sich nicht mit dem Weltenbrand des letzten Ring-Teils beschäftigen.
Deutlich mehr war am Eröffnungstag heute schon im Hofgarten los. Hinter der Villa Wahnfried – immer noch Großbaustelle – versammelt sich in schöner Tradition der Festspielchor zum „Grabsingen“ – es ist „eine Verbeugung der Mitwirkenden vor Richard Wagner“, wie es ein Sprecher beschreibt. Und was für eine: Einem „Ave Maria“ folgt das Kircheneinzugslied aus den „Meistersingern von Nürnberg“. Die Bauarbeiten sind zu diesem Anlass natürlich eingestellt. Nur ein Motorflieger stört die andächtige Stille.
Das Grabsingen schon etwas mehr als ein Geheimtipp. Rund 200 Leute drängen sich am Grab von Richard und Cosima Wagner, das zur Feier des Tages wieder mit einem üppigen, weißen Blumengesteck geschmückt ist. Nach 20 Minuten löst sich die Gemeinschaft am Grab auch wieder auf.
Es gibt heuer keine Premiere, nur einen Halb-Skandal durch das Spiegel-Interview von Ring-Regisseur Frank Castorf, der findet, die Festspiele hätten Stadttheater-Niveau erreicht, keine Kanzlerin und auch Iris Berben und Hannelore Elsner werden angeblich nicht über den „Roten Teppich“ vor dem Königsportal – das ist der Haupteingang – schreiten.
Eine Topnachricht von den Festspielen meldet heute der „Nordbayerische Kurier“. Demnach übernimmt Barrie Kosky, Intendant der Komischen Oper in Berlin, die Regie bei den „Meistersingern von Nürnberg“, die 2017 in Bayreuth neu auf die Bühne kommen. Dirigent wird Philippe Jordan, der 2012 mit „Parsifal“ sein Bayreuth-Debüt gab.
Die Bayreuther Festspiele dauern traditionell bis 28. August. Dann geht die Saison so zu Ende, wie sie begonnen hat – mit „Tannhäuser“. Für die Inszenierung von Sebastian Baumgarten fällt dann aber endgültig der Vorhang.