Eine ungestörte Vorbereitungszeit auf die Bayreuther Festspiele – es sollte nicht sein. Es muss wieder improvisiert werden vor der Premiere 2018, Lohengrin: Roberto Alagna hat Ende dieser Woche (29. Juni) seine Titelpartie zurück gegeben. Das teilt am Samstagmorgen die Pressestelle der Bayreuther Festspiele mit. Irgendwie kommt der Absprung nicht überraschend.
Gerüchte kursierten im Netz
Im Netz hatten die „gut informierten Kreise“ schon seit Tagen geunkt, Alagna komme definitiv nicht zu den Bayreuther Festspielen. Eine Aussage, die Anfang dieser Woche von den Festspielen als „völliger Quatsch“ kommentiert wurde. Es überwog womöglich die Hoffnung, es handle sich um ein übliches Bayreuth- oder deren Mitwirkenden-Bashing. Auch das ist ja bekanntermaßen nicht ausgeschlossen.
Heute (30. Juni) kam nun kurz nach 11 Uhr die offizielle Nachricht von den Bayreuther Festspielen:
„Roberto Alagna wird die Partie des Lohengrin in der Neuinszenierung der gleichnamigen Oper bei den Bayreuther Festspielen nicht singen. Über seine Agentur informierte der Künstler am Abend des 29. Juni 2018 die Festspielleitung über seine Absage, die wie folgt begründet wurde: „Herr Alagna muss die Lohengrin-Neuproduktion absagen, da er aufgrund von Überlastung die Partie nicht hinreichend einstudieren konnte.“
Die künstlerische Leitung der Bayreuther Festspiele sondiert intensiv die Möglichkeiten, welcher Sänger Roberto Alagna ersetzen kann.“
Heiße Phase der Proben
Die Nachricht platzt mitten in die heiße Phase der Proben bei den Bayreuther Festspielen. Anfang der Woche kam das Orchester. Sänger posten gut gelaunt Probenfotos mit dem Neu-Bayreuther Dirigenten Placido Domingo, der sich auf sein Debüt als Orchesterleiter bei „Walküre“ vorbereitet; andere schwärmen von der tollen Atmosphäre, die zurzeit herrscht. Im Festspielhaus wird täglich ein anderes Stück geprobt, damit die Abläufe wieder richtig sitzen und sich Sängerinnen und Sänger, Orchester und alle, die hinter den Kulissen arbeiten, wieder ein eingespieltes Team werden.
Die Abwesenheit der Premieren-Titelpartien fällt da durchaus auf. Anja Harteros war bereits da, weil sie parallel zu „Elsa“ bei den Bayreuther Festspielen noch bei den Opernfestspielen in ihrer künstlerischen Heimatstadt München als „Arabella“ und bei einem Liederabend auftritt. Thomas J. Mayer, Amfortas in „Parsifal“, singt übrigens den Mandryka in der Münchner „Arabella“ von Richard Strauss.
Sein Wagner-Debüt wollte Roberto Alagna (54) geben. Das Lohengrin-Engagement des französischen Tenors, der eigentlich auf das italienische und französische lyrische Fach abonniert ist, gab Festspielleiterin Katharina Wagner schon vor Jahren bekannt. Damals gab es auch noch Gespräche mit der Starsopranistin Anna Netrebko als Elsa, die sich allerdings zerschlugen. Zunächst zumindest.
Alagna sprach über Zweifel
Bei Alagna wies bis vor kurzem nichts darauf hin, dass er nicht bei den Bayreuther Festspielen antreten würde. Aufhorchen ließ er jedoch vor wenigen Wochen, als er dem Magazin „Oper!“ in einem Interview sagte, dass er eigentlich Probleme mit der deutschen Sprache habe, und er sich außerdem gefragt habe, warum die Bayreuther Festspiele ausgerechnet ihn engagieren wollten. Er sei kein Wagner-Tenor: „Ich glaube, dass sie wohl wirklich einen anderen Typ Lohengrin haben wollten“, fügte er hinzu, wie die dpa berichtete.
Die Frage ist, warum der Franzose bei so vielen Zweifeln dann bis zuletzt wartete, ehe er zurückzog. Ab kommender Woche sollte er mit den Proben in Bayreuth beginnen. Doch das durchaus interessante Experiment ist schief gegangen.
Vogt ist in Bayreuth
Jetzt heißt es bei den Bayreuther Festspielen, auf die Schnelle einen adäquaten Ersatz zu finden. Die Lösung, die sich anbietet: Klaus Florian Vogt, gefeierter Lohengrin weltweit, vor allem seit Bayreuth, wo er nach dem Abgang von Jonas Kaufmann 2010 als „Lohengrin“ in der Inszenierung von Hans Neuenfels seinen Durchbruch feiert. Vogt ist in Bayreuth. Er probt gerade „Die Meistersinger von Nürnberg“, wo er wieder Walther von Solzing in der Regie von Barrie Kosky singt. Parallele zu heute: Auch 2010 war Vogt der „Stolzing“ in „Die Meistersinger von Nürnberg“, sprang kurzfristig als „Lohengrin“ ein und blieb das bis zum Schluss, 2016.